Predittext für den abgesagten Gottesdienst am 15. März 2020

Von Roland Schultze

Liebe Gemeinde,
lebt als Kinder des Lichts. Wir dürfen so leben - aber wir sollen auch so leben, als Kinder des Lichts, - gerade angesichts von persönlichen Krisen und Virusinfektionen.
Wir alle sind Kinder des Lichts. Von Licht, das Wärme gibt und Licht, das immer wieder neues Leben und Kraft hervorbringt.
Der Epheserbrief wurde, wie auch der Philipper- und Kolosserbrief, vom Apostel Paulus aus dem Gefängnis heraus geschrieben.
Zumindest wird es so behauptet.
Ob dieser Brief in Rom (also um 62 n. Chr.) entstanden ist, oder, wie es auch möglich ist, in Ephesus selbst (um 53 n. Chr.) geschrieben wurde, ist nicht ganz eindeutig.
Die Bibelforscher gehen heute davon aus, dass der Briefschreiber nicht Paulus persönlich ist, sondern vermutlich, wie auch bei dem Kolosserbrief, ein Schüler des Paulus.

Der Epheserbrief scheint kein Brief direkt an die Gemeinde in Ephesus zu sein, sondern mehr ein Rundbrief an kleinasiatische Gemeinden. Deshalb ist er sehr allgemein gehalten und spricht von dem Thema, das alle Gemeinden gleichermaßen betrifft:
Die Gemeinde als Werk Gottes und die Konsequenzen daraus.
Jede Gemeinde - also auch wir in Quelle - sind ein Werk Gottes. Dieses hat Konsequenzen im Hinblick auf Zuversicht und auf Ordnung.
Über beides möchte ich mit Ihnen nachdenken. Über Zuversicht und über Ordnung.

Eine neue Gemeinde soll geordnet werden.
Erstaunlich ist auf jeden Fall, dass der Briefeschreiber so viele freie Gedanken hat, um dankbar an die neuen Gemeinden zu schreiben.

Gleichzeitig ging der Briefeschreiber davon aus, dass diese Welt bald endet und der Anbruch des Reiches Gottes unmittelbar bevorsteht. Dies mag paradox erscheinen. Warum eine neue Gemeinde, wenn die Welt doch bald endet?

Ganz einfach: Weil in Psalm 90 gesagt wurde: „1000 Jahre bei Euch sind wie ein Tag bei mir.“
Der Briefeschreiber ging einerseits von einer sogenannten Naherwartung aus, andererseits kannte er vermutlich Psalm 90 und sah trotzdem noch eine Perspektive im Diesseits.
Das Ende der Welt und somit ein neuer Anfang eines viel Größeren stehen also so oder so unmittelbar bevor.

Nach der Rechnung von Psalm 90 sind wir auch heute erst am dritten Tag nach Jesus;
Hoffnung und Zweifel machen sich daher schon immer Bestandteil der Gedanken von Menschen.
Leider überwiegen mehr Angst und Zweifel.

Weltuntergangsphantasien machen immer wieder neu die Runde.
Viel schlimmer aber:
bevor die Welt untergeht wird es uns allen schlecht ergehen.
Ein Grippevirus wird und schaden.
Der Klimawandel wird das Leben auf der Erden nur schwer erträglich machen.
Die Rente wird nicht reichen,
wir werden keine Ärzte mehr haben,
Dieses kann alles sein.
Man könnte wahrhaftig die Hoffnung verlieren.

Und ungebildete und schlecht erzogene Kinder können später bestimmt diese Welt bestimmt nicht tragen… -
Als Sozialarbeiter in der Jugendhilfe macht mich dieser Vorwurf an die Jugend immer besonders betroffen.

„Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor den älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten sollte. Die jungen Leute stehen nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft, verschlingen Süßspeisen, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.“
Dies sagte ein gewisser Sokrates – allerdings schon weit vor dem Erscheinen des Epheserbriefes- nämlich ca. 400 vor Christus.

Dafür sind wir doch schon weit gekommen.
Hoffen wir gemeinsam darauf, dass es wie bei den Sorgen von Sokrates die Welt doch weitergeht, trotz Grippevirus, Einschränkungen, die das Alter mit sich bringt, trotz der Sorgen im Beruf.
Sie sehen: Angst um die Zukunft ist also nichts Neues.

Unser Text von heute fordert uns auf: „Wandelt als Kinder des Lichts!“
Zuversicht zu verbreiten ist also unsere Aufgabe, denn Gott selbst hat sich in Jesus von Nazareth offenbart.
Gott offenbarte sich in Jesus von Nazareth in zahlreichen Wundergeschichten und nur so hat das Wort Jesus Gewicht in unserem Leben –
das Wort Jesu – nicht seine Wörter.
Wir leben nämlich aus der Güte Gottes und sterben nämlich nicht an unserem Versagen.

Das wird uns als getauften Christen auf den Kopf zugesagt.

Das stellt uns alle ins Licht und verleiht unserem Leben eine neue helle
Perspektive, sogar über den Tod hinaus.
Das hat Folgen.
Wenn wir uns auf Jesus Christus gründen, wenn wir seine Worte heute hören, wenn wir uns an den christlichen Verheißungen wärmen, dann sind wir auch in der Lage, unsererseits Licht und Wärme zu verbreiten.
Denn dann werden wir uns mit Kälte und Unfreundlichkeit in der Gesellschaft und in der Welt nicht abfinden.
Und wie kann es gelingen Zuversicht zu verbreiten: Hierzu haben wir konkrete Tipps im Epheserbrief - ich greife nur einen heraus:
Närrisches und loses Reden sollen wir meiden, lasst Euch von niemanden verführen mit leeren Worten.
Damit ist die gemeint, dass wir unsere Äußerungen darauf prüfen sollen, ob wir sie zum Zweck der eigenen Selbstdarstellung erzählen, möglicherweise und gar etwas hinzudichten –
oder ob wir Erbauliches sagen, damit es den anderen hilft. Eine konkrete Handlungsanweisung für die nächste Woche:
Prüfen Sie doch einmal was sie sagen ob sie dadurch anderen helfen oder nur selbst im besseren Licht da stehen.
Gleichzeitig sollen wir das, was wir hören, darauf prüfen ob es gehaltvoll ist oder nur leere Worte.
Wir wollen uns nicht beeindrucken lassen von den Maulhelden, denen natürlich mal wieder alles gelingt.
Nur ich selbst habe mal wieder Pech, und die Pannen des Alltags passieren nur mir.
Nein, davon wollen wir uns nächste Woche auch nicht beeinträchtigen lassen.
Wir fasten alle gemeinsam in der nächsten Passionswoche.
Wir verzichten darauf, uns beeindrucken zu lassen und wollen nicht durch hohle Reden anderen beeindrucken.
Wir alle wandeln ja als Kinder des Lichts. Daher haben wir es gar nicht nötig, andere zu beeindrucken oder „voll zu texten mit Heldengeschichten“ – wie es heute Jugendliche formulieren.
Außer dem Verbreiten von Zuversicht geht es dem Briefeschreiber auch darum, die Gemeinde Gottes zu ordnen.
Wie könnte eine gute Ordnung nun aussehen:
Zum diesem Thema schrieb der katholische Priester Hermann Josef Kappen im Jahr 1882 ein sehr bekanntes Gebet:
„Herr, setze dem Überfluss Grenzen / und lass die Grenzen überflüssig werden.
Lasse die Leute kein falsches Geld machen, / aber auch das Geld keine falschen Leute.
Nimm den Ehefrauen das letzte Wort / und erinnere die Männer an ihr erstes.
Schenke unseren Freunden mehr Wahrheit / und der Wahrheit mehr Freunde.
Bessere solche, die im öffentlichen Leben wohl tätig, / aber nicht wohltätig sind.
Lehre uns die Einsicht: Wer reich im Portemonnaie ist, / ist nicht immer reich auch im Herzen.
Gib den Regierenden ein besseres Deutsch / und den Deutschen eine bessere Regierung.
Lass uns sagen, was wir denken / und lass uns tun, was wir sagen.“

Darauf können wir als Kinder des Lichts hoffen und glauben. Amen.

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Fürbitten mit Kasualgebet
Frau Hanna Borgstedt, Herr Hans Thiess und Herr Hans Gieselmann
sind aus unserer Gemeinde verstorben.
Gib, dass die Angehörigen Trost finden in der Gemeinschaft aus Christinnen und Christen und lass sie spüren, dass diese Gemeinschaft nur ein Anfang ist der Gemeinschaft ohne Ende.
Gott, unser Vater, unsere Erde ist fruchtbar, doch die Güter der Erde sind ungleich verteilt.
Manchmal sehen wir nur unsere eigene Gerechtigkeit und nicht die Gerechtigkeit des anderen.
Wir bitten dich um ein waches und aufmerksames Ohr, das unseren eigenen Egoismus erkennen und in die Schranken weisen kann.
Gott, unser Vater, manchmal geschieht uns Unrecht. Hilf uns, nicht hart und verbittert zu werden. Hilf uns, Unrecht zur Sprache zu bringen und zu verzeihen.
Gott, unser Vater, manchmal tun wir anderen Menschen Unrecht. Schenke uns Einsicht und kluge Worte.
Gott, unser Vater, wir bitten dich um Gerechtigkeit mit Liebe, damit unsere Herzen nicht hart werden. Lass in unserem Streben nach Gerechtigkeit deine Barmherzigkeit sichtbar werden.
Denn du schenkst die Gerechtigkeit, die die Welt nicht geben kann.
Sende uns den Geist der Gerechtigkeit und der Barmherzigkeit. Amen