Kreis - Welle - Taube

Predigt zum neuen Logo unserer Kirchengemeinde
anlässlich des Gemeindefestes am 9. September 2012

Von Carsten Ledwa

Liebe Gemeinde!

Über uns hängt die Fahne mit dem neuen Erkennungszeichen unserer Kirchengemeinde. Ein „Logo“, wie es in der Fachsprache heißt, soll einfach und einprägsam sein. Es soll zudem in zeichenhaft verdichteter Form etwas über das Unternehmen aussagen. Die Kirche ist ein Unternehmen Gottes mit uns Menschen.

Unser neues Gemeindelogo ist aus dem schönen, runden Fenster im westlichen Giebel unserer Kirche heraus entstanden. Wenn Ihr Euch umschaut, seht Ihr das Fenster, auf dem die Taufe Jesu dargestellt ist. Die Lichtkreise des geöffneten Himmels finden sich in dem großen, gelben Kreis wieder. Das Wasser des Jordans, in dem Jesus steht, ist zu einer schwungvollen, dreifarbigen Welle geworden. Oben durchbricht die Taube den Kreis.

Das neue Erkennungszeichen der evangelischen Johannes-Kirchengemeinde Quelle-Brock ist nicht nur schön und einprägsam, es trägt auch eine Botschaft in sich. In diesem Erkennungszeichen erkennen wir, wer wir sind.

Der große Kreis steht für die Gemeinschaft. Wir reden nicht nur von Gemeindegruppen, sondern auch von Gemeinde“kreisen“. Im Johannes-Gemeindehaus treffen sich viele Menschen aus allen Altersstufen in vielen Kreisen. Christinnen und Christen pflegen die Gemeinschaft, weil die Gemeinschaft unbedingt zum christlichen Glauben dazugehört. „Gemeinschaft“ ist ein wichtiges Stichwort im christlichen Glaubensbekenntnis.

Ein Kreis drückt Harmonie aus. Das Miteinander ist eben eine runde Sache, die gefällt. So beschreibt Lukas im zweiten Kapitel seiner Apostelgeschichte das Leben der ersten Christengemeinde:
Sie blieben aber beständig in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet.
Es kam aber Furcht über alle Seelen und es geschahen auch viele Wunder und Zeichen durch die Apostel. Alle aber, die gläubig geworden waren, waren beieinander und hatten alle Dinge gemeinsam. Sie verkauften Güter und Habe und teilten sie aus unter alle, je nachdem es einer nötig hatte. Und sie waren täglich einmütig beieinander im Tempel und brachen das Brot hier und dort in den Häusern, hielten die Mahlzeiten mit Freude und lauterem Herzen und lobten Gott und fanden Wohlwollen beim ganzen Volk. Der Herr aber fügte täglich zur Gemeinde hinzu, die gerettet wurden.


Was in der Apostelgeschichte über das Zusammenleben der ersten Christengemeinde geschrieben wird, gilt auch heute noch für jede Kirchengemeinde, für die Kirche insgesamt: Christen lernen etwas über ihren Glauben - halten in Liebe zusammen - feiern das Abendmahl - beten - es geschehen wunderbare Dinge - sie unterstützen Bedürftige mit dem, was sie haben - sie versammeln sich regelmäßig, weil sie eine Gemeinschaft bilden - und das alles macht ihnen Freude.

Die Welle steht  für Wasser. Wasser ist lebensnotwendig. Aus dem Wasser kam und kommt das Leben. Besonders eindrücklich wird das an dem im Fruchtwasser schwimmenden Embryo. Große Siedlungen sind an Gewässern entstanden, an Flüssen und am Meer. Fährt man übers Wasser, kann man sich austauschen. Die menschliche Gemeinschaft lebt im weitesten Sinne vom allgemeinen Austausch, von dem ja der wirtschaftliche Handel nur ein Teil ist.
Im Anfang der Bibel steht, wie der Garten Eden bewässert wurde:

 
Und es ging aus von Eden ein Strom, den Garten zu bewässern, und teilte sich von da in vier Hauptarme. Der erste heißt Pischon, der fließt um das ganze Land Hawila und dort findet man Gold; und das Gold des Landes ist kostbar. Auch findet man da Bedolachharz und den Edelstein Schoham. Der zweite Strom heißt Gihon, der fließt um das ganze Land Kusch. Der dritte Strom heißt Tigris, der fließt östlich von Assyrien. Der vierte Strom ist der Euphrat.
Die vier Flüsse des Paradieses sind auf dem Taufständer des ehemaligen Brocker Gemeindehauses geschrieben: Pischon, Gihon, Tigris, Euphrat. Das Taufwasser erinnert uns an das Wasser des Paradieses. Durch die Taufe steht uns gleichsam das Paradies wieder offen, die ungetrübte Gemeinschaft mit Gott.


Das Wasser fließt unten durch den Kreis. Damit wird deutlich: Die christliche Gemeinschaft der Getauften lebt aus dem Wasser der Taufe. Wie das Wasser Handel und Wandel ermöglicht, so ermöglicht uns das Wasser der Taufe im übertragenen Sinne Handel und Wandel untereinander und mit Gott. 

Als drittes Element unseres neuen Erkennungszeichens ist die Taube schließlich das Sinnbild für den Heiligen Geist. Sie durchbricht von oben her den großen Kreis. Die Taube ist nicht mehr so sehr als Symbol für den Heiligen Geist, sondern vielmehr als Symbol für den Frieden im Bewusstsein.


Doch auch das hat seinen Ursprung in der Bibel. Als die Sintflut ihrem Ende entgegenging, kam die zweite Taube, die Noah aus der Arche fliegen ließ, mit einem Ölzweig im Schnabel zurück. Das war das Zeichen, dass bald wieder Leben auf der Erde möglich sein würde. Gott, der in seinem Zorn die Erde unter Wasser gesetzt hatte,  war also im Begriff, wieder Frieden mit der Menschheit zu schließen. Keiner hat die Friedenstaube schöner gemalt als Picasso.

So beschreibt das Markusevangelium äußerst knapp die Taufe Jesu:

 
Und es begab sich zu der Zeit, dass Jesus aus Nazareth in Galiläa kam und ließ sich taufen von Johannes im Jordan. Und alsbald, als er aus dem Wasser stieg, sah er, dass sich der Himmel auftat und der Geist wie eine Taube herabkam auf ihn.
Und da geschah eine Stimme vom Himmel: Du bist mein lieber Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen.
Der Heilige Geist stiftet Frieden zwischen uns und Gott. In der Taufe wird deutlich, dass wir Söhne und Töchter Gottes sind. Jesus ist gleichsam unser älterer Bruder. Als Kinder Gottes bilden wir genau genommen eine Familie, eine Gemeinschaft von Schwestern und Brüdern.
 

Der Kreis ist kein geschlossener Kreis. Er wird vom Wasser wie von der Taube durchbrochen. Wir kreisen in der Kirche, in der Kirchengemeinde nicht nur um uns selbst. Gerade das macht uns als Gemeinde aus - liebe Gemeinde - dass wir nicht nur um uns selbst kreisen. Auf diese Weise bleibt unsere Gemeinschaft lebendig. Der Geist Gottes kommt zu uns herein.

Wir sind keine „geschlossene Gesellschaft“. Bei aller Vertrautheit miteinander, die wir uns ja wünschen, bleiben wir hoffentlich offen für andere Menschen - und für Gott und Jesus Christus. Genau genommen ist eine Kirche immer eine „offene Kirche.“ 

Amen.